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Margarete Hahner: Kunst, Hausarbeit und gesellschaftliche Normen

Veröffentlicht am 3.09.2024

Kurz und knapp

Margarete Hahner geht es bei ihren Bildern u.a. um den Einfluss, den die Vergangenheit auf unsere Sprache und das Frauenbild hat. Themen wie Care-Arbeit und Feminismus sind wichtig für ihre Kunst. Außerdem erfahren wir, dass sie eine der wenigen Frauen an einer Kunstakademie war. Sie findet es wichtig, gesellschaftliche Normen infrage zu stellen und erzählt von ihren Eindrücken, wie sich der Umgang mit Hausarbeit und Beruf im Verlauf der Jahre geändert hat. Sie betont den Wert der Care-Arbeit und fordert, diese angemessen zu bezahlen.

 

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Hausfrau

Das ausgestellte Werk Hausfrau stammt schon aus den 1990er Jahren. Margarete Hahner versucht in unserem Gespräch ihre Absicht dahinter nachzuvollziehen:

Laut einem urbanen Mythos entstand im Nationalsozialismus die Bezeichnung ,Gesichtserker‘, um das Wort “Nase” einzudeutschen. Auch wenn das in diesem Fall nicht nachgewiesen ist, gab es tatsächlich Wörter, die eingedeutscht wurden. Margarete Hahner versucht in ihrer Kunst herauszufinden, was sie tief im Innern denkt und will dem Unbewussten Lauf lassen. Dieses Bild soll darauf hindeuten, dass auch sie selbst noch immer vom Erbe dieser Zeit beeinflusst ist, wie auch das Frauenbild durch die Vergangenheit beeinflusst ist.

 

Eine Frau in der Kunstwelt

Frau Hahner wuchs mit drei Schwestern und einem Bruder auf. Schon dort fielen ihr Unterschiede auf. „Es war mir schon immer klar, dass es irgendwie nicht so gut ist, eine Frau zu sein“, sagt sie lachend. Als sie auf der Kunstakademie war, gab es dort keine Professorin. Lange hatten Frauen keinen Zugang zu Kunstakademien. 1919 wurden erstmals Frauen zugelassen, doch noch immer herrscht keine völlige Gleichberechtigung. Vor allem, wenn es darum geht, welche Kunst ausgestellt und gekauft wird, haben Frauen geringere Chancen. Sie wusste, dass es als Frau in diesem Feld schwerer ist. Deshalb verwendete sie auch schon männliche Künstlernamen wie “Mark Stark.”

 

Emanzipation ………

Bevor ihre Mutter Hausfrau wurde, war sie 20 Jahre lang berufstätig. Das war zu der Zeit eher untypisch. Den Frust über ihre Tätigkeit als Hausfrau hat Margarete Hahner zwar mitbekommen, allerdings hat sich die Generation ihrer Mutter nicht darüber beklagt. Hier hat sich also mit der Zeit einiges geändert.

Jedoch hat Frau Hahner auch den Eindruck, dass es zum Teil Rückschritte im Vergleich zu ihrer Studienzeit gibt. Zwar nicht im politischen, aber im persönlichen Bereich. Künstlerinnen in Frau Hahners Generation haben sich oft gegen Ehe und Kinder entschieden, wenn sie ihrer Leidenschaft nachgehen wollten.

Heute kommt es ihr so vor, als ob manche Menschen der Meinung sind, dass die Emanzipation bereits abgeschlossen sei. So stellen manche Frauen gar nicht infrage, ob sie Kinder wollen. Oder sie halten es für selbstverständlich, dass sie sowohl Kinder bekommen als auch einen Beruf ausüben müssen. Sie sagt, „es [ist] hier so kapitalistisch, dass jeder irgendwie arbeiten muss“. Viele Frauen übernehmen dann trotzdem noch den Haushalt. Tatsächlich leisten Frauen in heterosexuellen Beziehungen häufig noch immer den größten Teil der Hausarbeit, auch wenn sie einen Beruf ausüben.*

 

Wertschätzung von Arbeit in unserer Gesellschaft

Auf die Frage, welche Veränderung sie sich beim Thema Care-Arbeit wünscht, spricht Frau Hahner die Gleichheit der Arbeit an. Heutzutage bezahlen viele Haushalte jemanden für die Hausarbeit, anstatt sie untereinander aufzuteilen, sagt sie. Tatsächlich ist dies häufig der Fall, wenn Frauen Karriere machen. Oft kommt die nötige Unterstützung im Haushalt dann nicht von den Partnern. Stattdessen wird die Care-Arbeit von anderen Frauen übernommen, die schlecht bezahlt werden. So wird Arbeit nicht gerechter, sondern das Problem nur verschoben.

Frau Hahners Forderung ist bessere Bezahlung, um die Wertschätzung von Care-Arbeit zu erhöhen. In kapitalistischen Gesellschaften wie unserer sieht sie Geld als die einzige Möglichkeit, den Wert der Arbeit anzuerkennen. Sie glaubt, dass der Care-Sektor dadurch auch für Männer interessanter würde.**

 

Putzen, Feminismus und mehr

Auch Putzen ist “Care-Arbeit” -  und  Putzen und Malen können verbunden sein: Ein Fleck beim Putzen könnte auch ein Fleck in der Malerei sein. Während Flecken in der Malerei gewollt sein können, geht es beim Putzen darum, sie zu entfernen. In einem ihrer Bilder putzt eine Frau einen Wasserfleck aus ihren Tränen auf, „die arme Frau, die alles machen muss“. (siehe Poster 2022).

Auf die Frage, ob sie sich als feministisch bezeichnen würde, antwortet Frau Hahner „ja, auf alle Fälle!“ Allerdings sieht sie sich weniger im theoretischen Feminismus, sondern mehr im feministischen Handeln. Und wichtig ist für sie in der Kunst der Moment der Überraschung. Was ihr schon bekannt ist, interessiert sie nicht, sie möchte etwas finden, das sie noch nicht weiß. Am Malen gefällt ihr, dass, was sie auf die Leinwand bringt, nicht in der realen Welt stattfindet, wo Gesetze wie die Schwerkraft herrschen. Auf Bildern kann alles passieren, auch was in der Realität nicht funktionieren würde oder verboten wäre. Bilder können eine Art „Probelauf für die Realität“sein und die Normen in der Gesellschaft immer wieder hinterfragen.

 

 

Autorin: Neele Panzer, Studentin der Sozialen Arbeit an der Hochschule Coburg

Der Blog ist im Rahmen des Moduls „Feministische Pädagogik. Empowerment durch Museumsarbeit“ im Sommersemester 2024 entstanden.

Arbeitsgruppe: Ilona Reester, Neele Panzer und Maria Carolin Jalali.

 

Sofern nicht anders gekennzeichnet, stammen die Inhalte aus unserem Interview mit Margarete Hahner vom 05.06.2024. Da Frau Hahner in Los Angeles lebt, fand das Interview per Video statt.